

Herr Krebber, Sie haben in der Debatte um das Kraftwerkssicherheitsgesetz in der Vergangenheit auf Schnelligkeit gedrängt. Am Entwurf der Ampel-Regierung äußerten Sie inhaltliche Kritik. Wenn Sie für nach den Bundestagswahlen abwägen müssten, zwischen einer Neuverhandlung des Gesetzes, auch mit der EU-Kommission, und Schnelligkeit, wie würden Sie sich entscheiden?
Krebber: Wir müssen beides versuchen. Es braucht ein Kraftwerkssicherheitsgesetz, das am Ende die Kosten nicht unnötig in die Höhe treibt. Kosteneffizienz ist wichtig, um die Akzeptanz für die Energiewende zu erhalten. Aber gleichzeitig muss das Gesetz so schnell wie möglich kommen, weil die Zeit für neue Kraftwerke drängt. In Bezug auf die EU-Kommission gehe ich davon aus, dass auch die Kommission die richtige Balance zwischen Energiewende und industrieller Wettbewerbsfähigkeit, was ich mit Kosteneffizienz übersetzen würde, herstellen will. Von daher: eine neue Bundesregierung sollte der Kommission die neuen Regelungen vorstellen und dann so schnell wie möglich abstimmen.
Welches Jahr würden Sie für die Ausschreibungen annehmen?
Krebber: Wenn eine Bundesregierung ab dem Sommer handlungsfähig ist, spricht nichts dagegen, ein Gesetz bis Ende des Jahres auf den Weg zu bringen und Anfang nächsten Jahres auszuschreiben.
Die CDU wird den Wahlumfragen zufolge voraussichtlich in die neue Regierung einziehen. Kanzlerkandidat Friedrich Merz sprach kürzlich von 50 neuen Gaskraftwerken. Wie viele Gaskraftwerke können Sie sich davon vorstellen zu bauen?
Krebber: Das hängt vom Ausschreibungsdesign ab und ob wir im Wettbewerb erfolgreich sind. Da habe ich weniger Zweifel – insofern, wenn das ein vernünftiges Ausschreibungsdesign ist, werden wir uns definitiv dran beteiligen. Laut unseren Planungen wollen wir mindestens 3 GW bis 2030 bauen, um den Kohleausstieg abzusichern. Das ist immer noch möglich.
Halten Sie 50 Gaskraftwerke aus Marktsicht für realistisch?
Krebber: Bei dieser Zahl reden wir wahrscheinlich über einen längeren Zeitraum von mehr als einer Dekade.
Ihr Kollege Nikolaus Valerius, Vorstandsvorsitzender der RWE Generation, erklärte kürzlich, dass nicht 100% erneuerbare Energien, sondern ein Energiesystem mit 80% Erneuerbaren effizienter sei. Sind die übrigen 20% aus RWE-Sicht Gaskraftwerke?
Krebber: Wir brauchen drei Dinge: Erneuerbare Energien, die die Hauptlast tragen bei der Erzeugung. Speicherkapazitäten, die vor allem kurzfristig oder über einige Tage den notwendigen Ausgleich herstellen. Und dann braucht es gesicherte Backup-Kapazitäten und das werden Gaskraftwerke sein. Wie schnell die dann dekarbonisieren, hängt vom CO2-Preis ab.
Wenn Gaskraftwerke nicht über Wasserstoff, sondern über Carbon Capture and Storage (CCS) klimaneutral laufen sollten, würde man zwei Parallelinfrastrukturen aufbauen müssen. Wie kann das aus Systemsicht effizient sein?
Krebber: Man sollte einen Rahmen entwickeln, um alle Technologien anwenden zu können, die Emissionen von CO2 in die Atmosphäre vermeiden. Das mag an der einen Stelle grüner Wasserstoff, an der anderen Stelle blauer Wasserstoff, an der nächsten Stelle vielleicht CCS sein. Es ist klar, dass man keine komplette Parallelinfrastruktur über die gesamte Bundesrepublik ausbaut, aber der Markt kann über die richtige Technologie entscheiden.
Würde sich dann noch eine Wasserstoffinfrastruktur rechnen?
Krebber: Wir brauchen die Wasserstoffinfrastruktur dringend, weil die Industrien Wasserstoff als Basisprodukt brauchen und auch für die Gaskraftwerke. Deren Auslastung wird in Zukunft relativ gering sein und daher wird es vermutlich günstiger sein, den Brennstoff an die Kraftwerke zu bringen als die Abscheidungstechnologie an jedes Kraftwerk zu bauen.
Da Sie als RWE den Markt gut kennen: Wann werden wir den Wasserstoffhochlauf mit ausreichend Mengen für die Gaskraftwerke sehen?
Krebber: Wir brauchen Vereinfachung. Es gibt keinen klaren Rahmen für den Hochlauf von blauem Wasserstoff und grüner Wasserstoff wird unnötig teuer und langsam gemacht durch die Definition, dass der Strom dafür aus einer erneuerbaren Energieanlage aus der Nähe stammen und zeitlich synchron erzeugt werden muss. Da der Stromsektor ohnehin dem Europäischen Zertifikatehandel unterliegt, werden so gar keine zusätzlichen Emissionen eingespart. Im Moment kommen nicht genügend Mengen in den Markt, die sind zu teuer und deswegen kann niemand in die Nachfrage investieren. Ohne die Nachfrage entsteht auch kein Angebot. Wir haben ein Henne-Ei-Problem.
Brauchen Sie blauen Wasserstoff, damit Gaskraftwerke überhaupt versorgt werden können?
Krebber: Wir brauchen blauen Wasserstoff, um schnell genug große Mengen an Wasserstoff zu vernünftigen Preisen verfügbar zu machen.
Das Windkraft-Offshore-Geschäft in den USA ist durch Dekrete des neuen US-Präsidenten Donald Trump erstmal zum Erliegen gekommen. Wie wirkt sich das auf das Geschäft von RWE aus?
Krebber: Bei Neuinvestitionen warten wir erstmal ab, bis Klarheit besteht. Bis dahin werden wir im Offshore-Bereich keine Investitionen tätigen. Im Betrieb unserer Anlagen an Land sehen wir hingehen eher positive Auswirkungen durch die wirtschaftliche Dynamik und die wachsende Stromnachfrage in den USA.
Hätten Sie ohnehin keine Investitionsentscheidung in diesem Jahr getroffen?
Krebber: Wir hätten keine Investitionsentscheidung getroffen, aber die Projekte weiterentwickelt, etwa durch Umweltstudien und Netzanschlussüberlegungen.