energate messenger vom 18.05.2022

„Ich liebe das Go to Gemba“

„Ich liebe das Go to Gemba“ | Katja Wünschel Interview im energate messenger

Der Energiekonzern RWE strebt mit seiner Tochtergesellschaft RWE Renewables schnelles Wachstum im Erneuerbarenmarkt an. Katja Wünschel soll als CEO Onshore Wind und Solar Europa & Australien dabei die Fäden ziehen. Im Rahmen unserer Interview-Reihe „Gestalter der Energiewelt 4.0“ sprach sie mit Thorsten Marquardt, Associate Partner bei Get Ahead Executive Search, über die Bedeutung von Kommunikation bei der Teamführung und über ihre persönliche Motivation.

Get Ahead: Frau Wünschel, man nennt Sie auch die Sonnenfängerin. Gefällt Ihnen der Titel?

Wünschel: Er legt den Fokus auf Sonne und das finde ich gut. Damit die Energiewende gelingt, spielt die Photovoltaik eine große Rolle. Sonne ist genauso wichtig wie Wind und bei uns eines der größten Wachstumsfelder. Der Titel spiegelt also ganz gut meinen Fokus wider. Die Energietransformation funktioniert aber nur, wenn wir als Team erfolgreich sind - innerhalb des Unternehmens, in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Alle müssen zusammenarbeiten, um die Riesenaufgabe, die vor uns liegt, zu stemmen. RWE ist bereit, seinen Beitrag zu leisten. Wir wollen in Deutschland jedes Erneuerbare-Energien-Projekt realisieren, das möglich ist.

Get Ahead: Was ist am Geschäftsmodell Wind & Solar von RWE innovativ?

Wünschel: Erstmal decken wir alles ab, was wir für die Umsetzung von On- und Offshore, Solar und Batteriespeichern brauchen. Innovativ ist, dass wir uns immer neue Technologien anschauen. Also zurzeit bei Solar das sogenannte Floating PV - schwimmende Solaranlagen. Da haben wir gerade unser erstes Pilotprojekt in den Niederlanden angeschlossen. Oder Agri-PV - ein Konzept zur Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen. Da gibt es erste Entwicklungsfelder in Deutschland, Frankreich und Italien. Durch unsere Engineering- und Technologieexpertise, die wir über Jahrzehnte aufgebaut haben, können wir neue Technologien selbst testen. Ich finde Agri-PV sehr spannend, aber da sind wir noch in einer frühen Phase. Wir testen in drei Ländern drei verschiedene Anwendungsgebiete und können gut vergleichen. Wo funktioniert was am besten und was lernen wir daraus? So können wir den richtigen Ansatzpunkt ableiten, wenn wir es größer anlegen wollen. Neben der technologischen Entwicklung schauen wir uns auch die inkrementelle Entwicklung an. Was gibt es Neues bei Blättern oder Fundamenten. Denn das gehört natürlich auch dazu.

Get Ahead: Sie sind fast 15 Jahre im Wind- und Solargeschäft. Worin liegt Ihr persönliches Erfolgsrezept?

Wünschel: Ich bin extrem leidenschaftlich oder energetisch. Dazu arbeite ich gern mit einem Team. Nur so können wir erfolgreich sein. Ich liebe das “Go to Gemba“ - also auf der Baustelle zu sein. Ich verbinde diesen Reality-Check draußen mit dem Geschäft und seinen Anforderungen drinnen. In der Erneuerbarenbranche zu arbeiten, macht einfach irre Spaß. Man weiß bei mir sehr schnell, woran man ist.

Get Ahead: Welche Hürden haben Sie als Executive überwinden müssen und was würden Sie anderen raten?

Wünschel: Ich würde weniger von Hürden sprechen, eher davon, was geklappt hat und was nicht. Wichtig ist, immer klare Ziele zu haben - keine Einbahnstraße, sondern eine Art Optionsraum. Dieses muss man auch kommunizieren. Keiner kann Gedanken lesen. Nur wenn man Ziele und Pläne kommuniziert, können andere damit arbeiten. Und natürlich ein hohes Engagement: Du solltest die Extrameile gehen. Eine Sache, die ich auch immer meinen Mentees sage, und die ich auch selbst einmal erlebt habe: Wenn du einen Vorgesetzten hast, der deine Entwicklungsperspektive nicht teilt und auch nicht absehbar ist, dass er sie teilen wird, dann solltest du gehen. Das habe ich einmal am Anfang meiner beruflichen Entwicklung erlebt. Oft ist es besser, selbst die Initiative zu ergreifen.

Get Ahead: Würden Sie sich selbst als erfolgreich bezeichnen?

Wünschel: Mir ist wichtig, dass der Job Spaß macht und dass ich etwas gestalten kann. Das kommt jetzt perfekt zusammen. Ich habe Spaß und kann viel gestalten und umsetzen. Das ist ein Luxus in diesem Job, dass ich einen Mehrwert stiften kann. Wir leisten aktiv unseren Beitrag zur Energiewende in Deutschland. Bis 2030 werden wir allein hierzulande bis zu 15 Mrd. Euro in unser grünes Kerngeschäft investieren.

Get Ahead: Hatten Sie auch mal einen Tiefpunkt, an dem Sie aufgeben oder alles hinschmeißen wollten?

Wünschel: Ich bin nicht der Typ fürs Hinschmeißen - eher für Kapitel beenden und ein nächstes aufschlagen. Es ist vielmehr so, je schwieriger und kniffliger es wird, desto mehr Ansporn habe ich, das Thema zu lösen und anzugehen.

Get Ahead: Wie gehen Sie mit Misserfolgen um?

Wünschel: Meine Familie und mein Team geben mir Energie. Wenn ich ein Problem sehe, tausche ich mich mit Kollegen aus. Und wenn ich meine Batterien aufladen muss, verbringe ich Zeit mit meiner Familie und Freunden. Ich bin nicht der Typ, der allein im Wald spazieren geht.

Get Ahead: RWE befindet sich auf einer langen und spannenden Reise. Das braucht Business-Fokus. Wie nehmen Sie Leute mit, um gemeinsam Vollgas zu geben?

Wünschel: Das ist ein Mix aus verschiedenen Methoden und Ansätzen. Ich habe sehr viel von Operational Excellence gelernt. Andere nennen es auch New Way of Working. Genau wie gute Kommunikation, die für mich ein Schlüssel zum Erfolg ist. Mit jeder weiteren Entwicklungsstufe wurde mir stärker bewusst, wie wichtig gute Kommunikation ist. Im Sinne von Zuhören, dieses “Go to Gemba“, mir immer wieder Meinungen und Feedback einzuholen und in einen Dialog zu treten. Ich kommuniziere unsere Ziele und Erwartungen konsequent. Und bei Fragen aus dem Team habe ich immer eine offene Bürotür.

Get Ahead: Als Konzerneinheit ist RWE Renewables vergleichsweise jung. Wie wollen Sie verhindern, dass Ihr Team in einen trägen Konzernmodus fällt?

Wünschel: Wir haben uns 2021 bei RWE das Erneuerbarengeschäft gemeinsam über alle Technologien und Ländergrenzen hinweg angeschaut. Das Wachstumspotenzial ist riesig, aber wir müssen auch die Unterschiede der Technologien und Länder berücksichtigen. So kam es zu der Aufteilung in unterschiedliche Unternehmensbereiche: zum einen in Offshore mit seinen riesigen und sehr komplexen Projekten und zum anderen in Onshore Wind, Solar und Batteriespeicher - in USA, Chile und Mexiko sowie in Europa und Australien. Diese Teilung macht Sinn, denn in Europa haben wir sehr viele Projekte, die mit durchschnittlich 20 bis 25 MW deutlich kleiner sind als die in den USA. Das erfordert andere Prozesse, Arbeitsweisen und anderes Mindset. Dank unserer mehr als 20-jährigen Erfahrung bei Entwicklung, Bau und Betrieb von Erneuerbarenanlagen haben wir eine exzellente Position in Europa und Australien. Diese nutzen wir und stellen unsere Teams länderspezifisch und sehr lokal auf. Unser Ziel ist klar: Wir machen Tempo beim Ausbau.

Get Ahead: Welche Lessons Learned ziehen Sie aus den letzten Jahren?

Wünschel: Man kann nicht zu wenig kommunizieren. Man muss einen starken Fokus auf die Mannschaft legen und darauf, was dort passiert. Dabei darf man seine Ziele nicht aus den Augen verlieren.

Get Ahead: Welche Botschaft geben Sie der Energiewelt 4.0 da draußen - gerade jetzt vor dem Hintergrund der enorm gestrafften Ziele?

Wünschel: Ich habe früher schon immer gesagt, wir müssen den Turbo einlegen. Es ist eine Herkulesaufgabe, die wir in Deutschland und in Europa vor uns haben. Die Dekarbonisierung beziehungsweise Energiewende können wir nur gemeinsam schaffen. Wirtschaft, Politik und Gesellschaft müssen gemeinsam an einem Strang ziehen. Mit dem Osterpaket setzt die Regierung fort, was sie im Koalitionsvertrag angekündigt hat. Auch wenn es noch Anpassungsbedarf gibt, geht das in die richtige Richtung. Jetzt geht es darum, das Momentum zu nutzen, um das Ziel einer unabhängigen und grünen Energieversorgung zu erreichen.

Interview: Thorsten Marquardt, Associate Partner bei Get Ahead Executive Search, im Rahmen der Serie „Gestalter der Energiewelt 4.0“ für energate. © energate GmbH. Alle Rechte vorbehalten.

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