Rheinische Post vom 05.12.2024

„KI spielt eine immer größere Rolle“

Eine Frau sitzt an einem Tisch in einem modernen Büroraum mit verschränkten Händen und lässigem blauen Outfit.

Deutschland hustet und schnupft. Wie sieht es bei RWE aus und gibt es regionale Unterschiede?

Die Welle der Atemwegserkrankungen geht an uns nicht spurlos vorbei. Bei RWE waren zuletzt 4,6 Prozent der Belegschaft erkrankt, das ist auf dem Niveau des Vorjahres. Bei unserer Belegschaft in Deutschland ist der Krankenstand etwas höher als in Großbritannien oder den USA.

Christian Lindner fordert, die telefonische Krankschreibung wieder abzuschaffen. Sie auch?

Ich habe nichts gegen die telefonische Krankschreibung. Der Krankenstand war vor ihrer Einführung ähnlich. Zudem tun wir als Arbeitgeber viel – wir bieten Grippeschutz-Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen an.

Eine ähnliche Debatte gibt es zur Rente mit 63. Sollte die Politik sie streichen?

Ich sehe darin grundsätzlich kein Problem, wichtiger ist mir Flexibilität. Wer im Büro tätig ist, kann meist länger arbeiten als der Arbeiter im Schichtbetrieb.

US-Konzerne wie Amazon holen Mitarbeiter verstärkt aus dem Homeoffice zurück. Wie sind Ihre Erfahrungen? Macht Homeoffice faul?

Wir haben keine einheitliche Regelung für die 22 Länder, in denen wir tätig sind. Im Kraftwerk und auf der Offshore-Plattform ist Homeoffice natürlich nicht möglich, an den Büro-Standorten überlassen wir die konkrete Ausgestaltung den Teams. Damit machen wir gute Erfahrung, eine konzernweite Präsenzpflicht ist nicht nötig. Hier auf dem Campus in Essen, wo 3500 Beschäftigte tätig sind, liegt die Präsenzquote bei 60 Prozent. Wir bieten unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aber auch etwas – Fitnessraum, Betriebs-Kita, gute Kantine.

Können Sie alle Stellen besetzen oder leiden Sie unter dem Fachkräftemangel?

Für fast alle Stellen gibt es reichlich Bewerbungen, im vergangenen Jahr hatten wir rund 140.000 Bewerber. 2023 haben wir 3.500 neue Mitarbeiter an Bord geholt, in den ersten drei Quartalen dieses Jahres 2.000. In den Bereichen Personal, Recht, Controlling entspannt sich der Arbeitsmarkt. Schwieriger ist es etwa, Elektroniker und Mechatroniker zu finden.

Können Sie den Mitarbeitern, die bei Thyssenkrupp nun gehen müssen, einen Job anbieten?

Wir haben schon manchen Mitarbeiter von Thyssenkrupp eingestellt. Sie sind meist sehr gut ausgebildet. Und natürlich können sich auch künftig Mitarbeiter von Thyssenkrupp gerne bei uns bewerben. Gerade haben wir über 200 offene Stellen. 

Wie sieht es beim Personalabbau im rheinischen Revier aus? 2030 will RWE aus der Kohleverstromung aussteigen.

Der Stellenabbau geht planmäßig voran. 2018 hatten wir hier etwa 10.000 Beschäftigte, derzeit sind es noch rund 7.000. Bis zum Kohleausstieg 2030 bauen wir ab auf ca. 2.000 Mitarbeiter. Diese werden weiter gebraucht etwa zur Rekultivierung der Tagebaue.

Wie funktioniert der Abbau genau?

Weil der vorgezogene Kohleausstieg eine politische Entscheidung war, ist gesetzlich festgelegt, dass Beschäftigte ab 58 Jahren, deren Arbeitsplatz wegfällt, unter bestimmten Voraussetzungen in den Vorruhestand gehen können. Wer dafür in Frage kommt, erhält für maximal fünf Jahre das Anpassungsgeld (APG), das der Bund finanziert. Das APG ist steuerfrei. Wer zu jung dafür ist, den qualifizieren und vermitteln wir. Ein Beispiel: Wer früher ein Kraftwerk gewartet hat, wartet nun etwa Windräder.

Die Zweifel am Kohleausstieg 2030 wachsen in Wirtschaft und Politik. Wäre das personell machbar, die Kraftwerke länger zu betreiben?

Wir halten am Kohleausstieg 2030 fest. Die Vereinbarung mit Bund und Land sieht aber vor, die Lage 2026 zu überprüfen. Die Politik kann dann entscheiden, ob Kohlekraftwerke zur Sicherung der Versorgung für maximal 3 Jahre in eine Reserve überführt werden. Auch das werden wir dann personell hinbekommen. Doch erstmal entscheidet das die Politik.

Es gibt immer wieder Spekulationen, RWE wolle die Kohle-Tochter Power abspalten, um in der Bilanz grüner zu werden. Das besorgt auch die Belegschaft. Was ist da dran?

Wir haben keine Pläne zu einer Abspaltung. In der Power sind unsere Kohle- und Kernkraft-Aktivitäten gebündelt. Die weisen wir in der Bilanz als auslaufende Geschäfte aus. Wir wollen diese Geschäftsbereiche verantwortungsvoll zu Ende führen.

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz (KI) für die Arbeit bei RWE?

Eine immer größere. RWE hat ein eigenes ChatGPT entwickelt. Ein KI-Matcher trifft für die Bewerberinnen und Bewerber eine Vorausauswahl oder sucht eine passende Stelle im Konzern. In Seattle haben wir gerade ein KI-Labor eröffnet: Es wertet große Mengen an Wetterdaten aus, die die Einsatzplanung der Kraftwerke und den Stromverkauf (Supply & Trading) unterstützen.

Frauen sind in der Energiewirtschaft noch immer selten. Wie sieht es bei RWE aus?

20 Prozent unserer Belegschaft sind weiblich, der Wert ist in den letzten Jahren erfreulicherweise gestiegen. In Tagebauen und Kraftwerken arbeiten meistens Männer. Doch wir werden immer diverser: Bis 2030 wollen wir 30 Prozent unserer Führungspositionen mit Frauen besetzen, derzeit sind wir bei 24 Prozent. Gerade habe ich eine Konzern- IT-Chefin eingestellt.

Haben Sie selbst jemals eine gläserne Decke gespürt?

Nein. Mit einer guten Ausbildung haben Frauen die besten Aufstiegschancen – gerade in männerdominierten Branchen wie der Energie. Wir müssen uns nur trauen.

© Rheinische Post

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