Wegen des Kohleausstiegs ist der Bedarf an Nachwuchskräften in den klassischen Berufen des Bergbaus stark zurückgegangen

Ein letztes Glückauf für die Bergschule

Eine große Gruppe von Menschen versammelt sich vor einem Gebäude, einige tragen Anzüge, an einem sonnigen Außenbereich.

Ein wesentliches Kapitel der betrieblichen Weiterbildung in der Braunkohlenindustrie im Rheinland ist abgeschlossen: Die Rheinische Braunkohlenbergschule in Frechen-Habbelrath hat ihren Betrieb Ende September mit Abschluss des Lehrgangs der Oberklasse 25 eingestellt. Über 2.000 Ingenieure und Techniker der mittleren Führungsebene sind seit 1946 aus ihr hervorgegangen. Mehr noch: Von Anfang an war die Bergschule ein Ort der Vernetzung und eine Wurzel der kameradschaftlichen Unternehmenskultur im Bergbau. Wegen des Kohleausstiegs ist der Bedarf an Nachwuchskräften in den klassischen Berufen des Bergbaus stark zurückgegangen und kann nun innerbetrieblich gedeckt werden.

Die Kaderschmiede war direkt nach dem Krieg von den damals noch neun Bergbauunternehmen des Rheinischen Reviers gegründet worden. Anlass war starke und stetig steigende Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften auf der Zwischenebene zwischen Handwerk und universitärer Ausbildung. Das Konzept: ein klassischer Schulbetrieb, in dem neben externen Lehrkräften vor allem Fach- und Führungskräfte des Bergbaus selbst die jungen Menschen unterrichteten.

„Der Lehrplan war stets maßgeschneidert für die spezifischen operativen Bedürfnisse in den Tagebauen, in der Veredlung und den angeschlossenen Verwaltungen. Unsere Dozenten haben es immer verstanden, die Lerninhalte so zu gestalten, dass sie direkt und effektiv in den Arbeitsalltag unserer Bergleute, Maschinenbauer, Vermesser und Elektrotechniker einfließen konnten. Dadurch wurde sichergestellt, dass theoretisches Wissen praktisch erfahrbar und eng mit den operativen Anforderungen verbunden wurde“, berichtete RWE Power-Arbeitsdirektor Kemal Razanica, Vorsitzender des Bergschulvorstands, den 120 Teilnehmenden der Abschiedsveranstaltung, unter ihnen viele Absolventen, Lehrkräfte und andere Weggefährten der Bergschule.

Der Unterricht fand anfangs in Vollzeit statt, später berufsbegleitend. Seit den 70er Jahren fand eine Grundausbildung in den bekannten M(aschinenbau), V(ermesser)- und E(lektrotechnik)-Klassen statt, die rund zwei Jahre dauerte; so „machten“ die jungen Menschen den Techniker. Es schlossen sich meist zwei Jahre Betriebseinsatz an. Erst dann war der Weg frei für zwei weitere Semester, dann in der „Oberklasse“, dem sogenannten Betriebsführerlehrgang, was einem den Titel Ingenieur einbrachte.

Wegen der Karriereaussichten und der starken Nähe zur Praxis waren sowohl Schüler als auch Lehrkräfte hochmotiviert und hellwach bei der Sache – wohl der größte Unterschied zum herkömmlichen Schulbetrieb. Anpassungsfähigkeit hat die Bergschule auch während der Corona-Phase beweisen und den Schulbetrieb auf ein Online-Format umgestellt. Davon profitierten später auch Kollegen im Lausitzer Braunkohlenbergbau.

Möglich machte dies auch die Trägerschaft durch den Deutschen Braunkohlen-Industrie-Verein, den Bundesverband dieser Branche. Sein Hauptgeschäftsführer Dr. Thorsten Diercks dankte am Freitag, den 27. September, in seiner Rede den Dozenten und den Schülern: „Sie haben damit – als engagierte Menschen, die es für eine solche Aufgabe braucht – dazu beigetragen, dass die gesellschaftliche Aufgabe einer verlässlichen Energieversorgung mit Braunkohle über viele Jahre verantwortungsvoll und sicher erfüllt werden konnte und weiter kann.“

In diesen Dank schloss er ausdrücklich den scheidenden Leiter der Bergschule, Claus Kuhnke, den er als „leidenschaftlichen Direktor“ beschrieb, und sein Team mit ein. Kuhnke war bis 2008 Maschinenbau-Ingenieur bei RWE Power, ehe er in die Schulleitung und die Geschäftsführung des Bundesverbands Braunkohle wechselte. Dessen Vorstand Thorsten Diercks, Arbeitsdirektor Kemo Razanica und die vielen Weggefährten im Saal dankten Kuhnke herzlich für seine überaus erfolgreiche Arbeit.

André Küster von der Bergverwaltung zitierte Wilhelm von Humboldt: ,Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.‘ So war es sicher auch mit den Schülern der Bergschule, die einander über lange Zeit verbunden waren und es heute noch sind. Zwar braucht man in einem hochtechnisierten Betrieb profunde Kenntnisse. Doch ohne Verbindungen der Beschäftigten untereinander wird es kaum ein Erfolgsmodell werden. Der Satz ‚Bergbau ist nicht eines Mannes Sache‘ ist die Zusammenfassung dieser Erkenntnis.“

Der Bereich Braunkohle innerhalb der RWE Power richtet sich neu aus: Parallel zur Gestaltung eines zuverlässigen Kohleausstiegs entstehen Zukunftsgeschäftsfelder, die hochqualifizierte Fachkräfte erfordern. Die hierzu erforderliche Weiterqualifizierung unterscheidet sich deutlich von den Inhalten der Bergschule und wird durch die Fachliche Weiterbildung im Personal-Ressort geleistet.